Eine der zurzeit wohl brisantesten Fragen im Verkehrsrecht befasst sich mit der Frage nach der Zulässigkeit der sogenannten „Section Control“. Damit ist die Erfassung aller Kfz-Kennzeichen in einem überwachten Autobahnabschnitt gemeint. Sehr umstritten ist die Frage, ob für dieses Vorgehen eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage existiert.

Die „Section Control“ ist eine neue Art der Geschwindigkeitsüberwachung. Bei dieser wird zunächst an einem bestimmten Kontrollpunkt das Kennzeichen mit einer Kamera erfasst. An einem zweiten wenige Kilometer entfernten Kontrollpunkt erfolgt eine zweite Kennzeichenerfassung. Es wird die Zeit gemessen, die der Fahrer gebraucht hat, um die Strecke zurück zu legen und so die Geschwindigkeit ermittelt.

Über die Zulässigkeit dieses Verfahrens hatte das Verwaltungsgericht Hannover zu entscheiden. Es stellte einen Verstoß gegen das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Fahrer fest.

Verwaltungsgericht Hannover, 7 A 849/19 (Klage), Az 7 B 850/19 (Eilverfahren)

Das informationelle Selbstbestimmungsrecht folgt verfassungsrechtlich aus einem Zusammenspiel der Art. 1 und Art. 2 I des Grundgesetzes. Es umfasst das Recht des Einzelnen selbst über die Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe seiner persönlichen Daten zu bestimmten. Eingriffe in dieses Recht bedürfen immer einer gesetzlichen Grundlage und müssen dem überwiegenden Allgemeininteresse dienen.

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung umfasst auch das Aufzeichnen der Kennzeichen der Kraftfahrzeugfahrer. Dies gilt umso mehr für die Fahrer, die keinen Verkehrsverstoß begangen haben, bei denen die Aufzeichnung also überflüssig war.

Das Verwaltungsgericht Hannover hat festgestellt, dass eine entsprechende Ermächtigungsgrundlage in Niedersachen bisher fehlt. Im niedersächsischen Landtag wird derzeit ein Gesetzesentwurf diskutiert. Bis zu dessen Erlass, erfolgt die Kennzeichenaufzeichnung jedoch rechtswidrig. Denn die Exekutive darf aufgrund des Gewaltenteilungsgrundsatzes solange nicht eingriffen, bis eine entsprechende Ermächtigung geschaffen wurde. Bis dahin hat der Staat auf herkömmliche Überwachungsmethoden zurückzugreifen.

Ob eine gesetzliche Ermächtigung überhaupt in den Zuständigkeitsbereich des Landesgesetzgebers fällt oder vielmehr eine bundeseinheitliche Regelung erforderlich wäre, hat das Verwaltungsgericht bisher offengelassen. Es bleibt daher abzuwarten, ob eine solche gesetzliche Ermächtigung verabschiedet wird und diese überhaupt verfassungsgemäß ergehen kann.