Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Rechte von Betroffenen eines großangelegten Datendiebstahls auf Facebook gestärkt. Laut einem richtungsweisenden Urteil müssen geschädigte Nutzer für Schadensersatzansprüche nur belegen, dass sie Opfer des Vorfalls waren. Der Nachweis eines konkreten Missbrauchs der gestohlenen Daten oder spezieller Beeinträchtigungen wie Angstzustände ist nicht notwendig.

Dieses Urteil hat erhebliche Auswirkungen auf Tausende ähnlich gelagerte Fälle, die aktuell vor deutschen Gerichten verhandelt werden. Erstmals nutzte der BGH das neue Leitentscheidungsverfahren, um grundlegende Rechtsfragen in solchen Massenverfahren zu klären (Az. VI ZR 10/24).

Schadensersatz auch bei Kontrollverlust – aber begrenzt

Der Vorsitzende Richter des sechsten Zivilsenats, Stephan Seiters, stellte klar, dass der Schadensersatz bei einem bloßen Kontrollverlust über persönliche Daten nicht sehr hoch ausfallen werde. Als Beispiel wurde eine Summe von 100 Euro genannt. Sollten jedoch zusätzliche Beeinträchtigungen, wie etwa psychische Belastungen, vorliegen, müssten diese bei der Bemessung des Schadensersatzes berücksichtigt werden.

Oberlandesgericht Köln muss Fall neu verhandeln

Das Oberlandesgericht (OLG) Köln, das die Klage zuvor abgewiesen hatte, muss den Fall nun erneut prüfen. Dabei sind unter anderem folgende Fragen zu klären: Lag ein Datenschutzverstoß vor? Wie ist der Schaden zu bemessen? Der BGH betonte, dass die von Meta vorgenommene Voreinstellung der Suchbarkeit auf „alle“ möglicherweise nicht mit dem Grundsatz der Datenminimierung vereinbar war. Zudem müsse geprüft werden, ob der Kläger wirksam in die Datenverarbeitung eingewilligt hat und wie mit potenziellen zukünftigen Schäden umzugehen ist.

Hintergrund: Daten von 533 Millionen Nutzern veröffentlicht

Im April 2021 waren Daten von rund 533 Millionen Facebook-Nutzern aus 106 Ländern im Internet veröffentlicht worden. Die Täter nutzten eine Funktion zur Freundesuche aus, um diese Daten zu erlangen. Im Anschluss wurden zahlreiche Klagen eingereicht, die bisher jedoch größtenteils erfolglos blieben.

Meta weist Vorwürfe zurück

Der Facebook-Mutterkonzern Meta wies die Vorwürfe erneut zurück. Rechtsanwalt Martin Mekat von der Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer erklärte, dass die Einschätzung des BGH nicht mit der jüngsten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vereinbar sei. Er verwies zudem auf eine Erfolgsquote von über 85 Prozent bei mehr als 6.000 gewonnenen Verfahren an deutschen Gerichten. Meta betonte, dass es keinen Hack der Facebook-Systeme und somit keinen Datenschutzverstoß gegeben habe.

Dieses Urteil schafft Klarheit für Betroffene und setzt Maßstäbe für den Umgang mit Datenpannen in der digitalen Welt. Es bleibt abzuwarten, wie die Gerichte in den weiteren Verfahren entscheiden.